Zugegeben: Vielleicht ist das nur der Versuch, aus einer eigentlichen Selbstverständlichkeit etwas mehr herauszuholen. Dennoch, den Fokus zu behalten, fällt wahrscheinlich nicht nur mir von Zeit zu Zeit schwer. Daher als Einführung meiner kleinen Data Literacy Serie ein kleiner Ausflug in das Gehirn...
Das hält mich vom Wesentlichen ab
Die für uns wichtigen Signale aus dem alltäglichen Rauschen heraus zu filtern, ist eine Herausforderung. Hier eine kleine Zusammenstellung, was mich davon abhalten kann:
1. Multitasking
Einige werden sagen: meine Multitasking-Fähigkeiten sind so gut - geht mich nichts an. Fakt ist: sind sie nicht.
Multi-Tasking ist für komplexe Aufgaben ein Mythos...
Aktive Handlungen, wie etwa gleichzeitig telefonieren und eine E-Mail schreiben, laufen nicht wirklich gleichzeitig ab, sondern sind - um in der IT zu bleiben - quasi ein Thread, der abwechselnd Aufgaben abarbeitet.
2. ‘Informations-Entertainment’
Wer kennt es nicht (... nein ehrlich, wer kennt es nicht?)? Man scrollt durch seinen Nachrichten-Feed oder Social Media Feed, scrollt durch die Überschriften, klickt sich von Nachricht zu Nachricht, fühlt sich anschliessend sogar informiert, hat sich aber substanziell kaum weitergebildet oder irgendetwas Relevantes für die eigene Situation herausgefunden - wenig hinterfragt und oft die normative Einordnung sogar Kommentatoren überlassen, ohne die eigentlichen Fakten hinter der Information wirklich zu überprüfen.
3. Vorurteile
Bewusst oder unterbewusst haben wir unsere Welt nach Gut und Böse segmentiert. Ebenso nehmen wir Informationen wahr - wir kommen später dazu - aber nicht nur in alltäglichen Nachrichten, sondern auch in Analysedaten.
Gleichzeitig spielen natürlich Prägungen, persönliche Interessen, etc. eine wichtige Rolle.
4. Fehlender Kontext
Dieser Punkt hat natürlich auch mit Vorurteilen zu tun. Je weniger kontextuelles Faktenwissen ich habe, desto mehr kann mein Vorurteil von der Realität abweichen.
5. Fehlende Skepsis
Im Grunde auch eine Auswirkung von Vorurteilen. Je mehr Autorität eine Person, Institution, oder sagen wir einfach Informationsquelle hat, desto weniger skeptisch gehe ich an diese Informationen.
6. Keine Fragestellung
Will ich nicht einfach entertained werden, muss ich mich fragen: was will ich eigentlich warum wissen. Habe ich keine Frage, brauche ich auch keine Antwort. Muss ich nicht handeln, muss ich auch keine Fakten, die mir das Handeln oder Entscheiden erleichtern, haben.
Was hat das mit Daten Analysen zu tun?
Eben, zurück zum Punkt.
Das Ganze hat natürlich direkt und unmittelbar mit Datenkompetenz zu tun und ist die Basis für den richtigen Umgang mit Daten auch in der Business Intelligence.
Die Herausforderung ist, die richtigen Signale dem jeweiligen Adressaten zur Verfügung zu stellen. Zum Skill-Set für BI-Architekten wie BI-Nutzer gehören damit:
1. Verstehen, ...
...was gefragt ist: Fokus auf Daten, die ich für meine aktuelle Aufgabe benötige; ...Filtern!
Eine Analyse bezieht Input-Daten, die in Korrelation zu dem benötigten Ergebnis stehen, mit ein. Alles andere kann i. d. R. ausgeblendet werden.
Einfaches Beispiel:
Ich habe zu wenig Conversions im Content Marketing? Was gehört zu meinen Analyse-Daten? Die Anzahl der Besucher, die Conversion Rate, ggf. die Attribution der Ereigniswerte - schaue ich mir nur die Gründe für eines an, bleibt die Analyse lückenhaft und die Handlungsentscheidungen ineffektiv.
Will ich mir ein Dashboard für Conversions im Content Marketing bauen, berücksichtige ich genau diese Parameter - mehr nicht.
2. Vorurteile ausblenden
"XY guckt sich das eh nicht an."; "Die Zahlen von XY stimmen immer"; ... Fakten!
Praktisches Beispiel aus dem Online Marketing:
"Unsere Produkte werden nicht gekauft, weil die Konkurrenz so viel Werbung macht / weil unsere Webseite nicht gut aussieht / weil uns niemand findet / ..." - oft gehört, ABER manchmal sind auch einfach die Produkte schlecht. Das kommt im eigenen Weltbild aber nicht vor.
Zur Frage, warum die Produkte nicht gekauft werden, gehören also nicht nur eigene Performance-Daten. Die geben höchstens Hinweise. Es könnte auch eine SWOT-Analyse notwendig werden oder Benchmarkings mit Konkurrenten, neue Bedürfnis-Analysen usw.
3. Skeptisch sein
"Braucht XY wirklich 3 neue Dienstwagen?"; ... Kontrolle ist besser!
Daten hinterfragen ist hier das Stichwort. Belastbare Fakten müssen immer kontrollierbar sein und von unterschiedlichen Seiten betrachtet das gleiche Ergebnis bringen.
Gibt es Probleme mit der Datenquelle? Sehen die Zahlen nur in dem kurzen, betrachteten Zeitraum so gut aus? ... Kann das sein???
4. Frage nach dem ‘Warum’
"Was will die Personalabteilung mit dem Report bei mir erreichen?"... Hinterfragen!
Im Grunde ist das ‘Warum’ die Grundvoraussetzung für die Punkte 1-3. Warum will ich etwas wissen? Warum ist das so?
Aktuelles Praxisbeispiel von mir:
Ich sollte Vorschläge zur Verbesserung der Conversion-Rate auf einer Webseite machen, weil die Conversions(!) zu gering sind. Der Auftraggeber hatte dabei übersehen, dass die Besucherzahlen viel zu gering waren und die Conversion-Rate mit ca. 2% nicht überragend, aber angemessen war.
Hätte ich nicht nach dem ‘Warum’ gefragt, wäre einiges Budget in diese Analyse geflossen, obwohl es an anderer Stelle - hier in der Content-Verbesserung - wesentlich effektiver eingesetzt wird.
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